Elefantengras (Miscanthus), Paulownia (Blauglockenbaum), Silphie oder Sida: Diese und andere exotisch klingende Pflanzen werden im nahe Rheinbach gelegenen Außen-Forschungslabor der Universität Bonn auf ihre Eignung als nachwachsende Rohstoffe wissenschaftlich untersucht.
Der BUND-Arbeitskreis Voreifel hatte Anfang Mai zu Vortrag und Führung auf den Campus Klein-Altendorf eingeladen. Rund 25 Interessierte waren der Einladung gefolgt.
Professor Ralf Pude (wissenschaftlicher Leiter) und Christian Brünker (landwirtschaftlicher Betriebsleiter) stellten das landwirtschaftliche Außenlabor vor: Auf der 180 Hektar umfassenden Versuchsfläche mit 5000 qm Gewächshäusern werden jährlich über 100 Versuche zu gartenbau- und landwirtschaftlichen Fragestellungen durchgeführt und ausgewertet.
Nachhaltigkeit hat auf dem Campus überall Vorrang: So werden die Gebäude ausschliesslich mit solargetrockneten Apfelholzschnitzeln gerodeter Apfelplantagen aus der Region beheizt. Auch ein wasserstoffbetriebener Traktor kommt zum Einsatz. Schon lange wird in Klein-Altendorf anwendungsorientiert zur nachhaltigen Rohstofferzeugung geforscht. Ackerbauliche Leitlinie ist dabei die Ackerbaustrategie 2035: weniger Dünger, mehr Pflanzenschutz, Züchtung und Anbau mehrjähriger Pflanzen und Digitalisierung.
Die Energiekrise infolge des Ukrainekrieges befeuert aktuell das Interesse an neuen Methoden der Energiegewinnung durch nachwachsende Rohstoffe.
Professor Prude und seine MitarbeiterInnen arbeiten u.a. mit Miscanthus, Paulownia und Silphie - Pflanzen die alle
- schnell wachsen und Masse bilden, dadurch viel CO2 binden und häufige Ernte garantieren,
- sich für mehrjährige Kulturen eignen, was einige Vorteile hat: stärkere Wurzelbildung, dadurch Verbesserung der Bodenstruktur und höhere Widerstandsfähigkeit gegen Trockenstress (längere Wurzeln erreichen noch feuchte Bodenschichten).
Der jährliche Bodenumbruch samt Neueinsaat entfällt, was den Boden schont und Kraftsstoff spart.
Der Weg in die Praxis ist lang. Professor Pude zeigt sich entäuscht, dass trotz zahlreicher Auszeichnungen für viele seit Jahren vorliegenden Erkenntnisse aus seiner Forschung ihre praktische Anwendung nur schleppend anläuft.
Deshalb geht die Universität Bonn mit gutem Beispiel voran: Auf dem Campus entstanden bereits ausschliesslich auf Grundlage von Paulownia gebaute Gebäude.
Der Wissenschaftler begrüsst, dass Ex-Campus-Doktorranden ihr zukunftsweisendes Wissen über die Anwendung nachwachsender Rohstoffe als Multiplikatoren in ihre neuen Wirkungsstätten tragen. Viele arbeiten in Unternehmen der Region Rhein-Voreifel, vernetzen sich und fördern so zukunftsweisende Entwicklungen.
Klimawandel und Energiewende zwingen zu neuen, CO2-freien Lösungen der Energiegewinnung und zum sparsameren Umgang mit Ressourcen. Die breite Anwendung nachwachsender Rohstoffe ist ein vielversprechender Ansatz - vorausgesetzt, die Auswirkungen des Anbaus auf hiesige Ökosysteme, ihre Biodivesität und den Wasserhaushalt werden beachtet und ernst genommen.
Blauglockenbäume und Co werden nicht "Bio" angebaut. Es sind gewinnorientierte Baumplantagen, die mit optimalem Ertragsziel bewirtschaftet und beerntet werden. Pestizid- und Düngereinsatz mögen geringer als z.B. im intensiven Maisanbau sein, aber sie sind nötig.
Es besteht noch viel Forschungsbedarf:
- Wie wirken sich die exotischen Nutzpflanzen langfristig auf unsere Ökosysteme, ihre Artenvielfalt und den Wasserhaushalt aus?
- Treten neue Schädlinge auf?
- Gäbe es heimische Alternativen?
Infos zum Campus: www.aussenlabore.uni-bonn.de/cka/de/nachhaltigkeit