BUND-Kreisgruppe Rhein-Sieg

EU verklagt Deutschland wegen fehlender Umsetzung der FFH-Richtlinie

22. Februar 2021 | Pressemitteilung

22.02.2021: Die aktuelle Nachricht über die am 18.02.2021 erhobene Klage der EU-Kommission gegen Deutschland ist gerade für den Rhein-Sieg-Kreis von großer Bedeutung. Denn zahlreiche Rechtsstreitigkeiten des BUND gehen im Rhein-Sieg-Kreis auf die fehlende Beachtung eben dieser Schutzrichtlinie aus dem Jahre 1992 zurück. Der BUND sieht sich daher in seiner jahrelangen Kritik am fehlenden Vollzug des FFH-Gebietsschutzes im Kreisgebiet voll bestätigt.

Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) ist die zentrale Vorschrift, um auch im Kreisgebiet ein wirksames europäisches Schutzgebietsnetz aufzubauen. In Rhein-Sieg-Kreis sind u.a. die Wahner Heide, das Siebengebirge, die Sieg- und Aggeraue, das Bröltal, das Naafbachtal, die Wälder auf dem Villerücken und die Fischschutzzone Rhein zentrale, große FFH-Gebiete. Sie sollen vorrangig den europäischen Naturschutzzielen dienen. Doch viele dieser Gebiete entwickeln sich negativ. Sie werden gegen störende Nutzungen unzureichend geschützt und es fließt zu wenig Geld in ihre aktive Entwicklung. Ursache dafür sind mangelhafte Vorgaben des Landes und die fehlende Bereitschaft vor Ort, Schutzvorschriften als Ausschluss für immer neue Eingriffe und Störungen zu akzeptieren.
Aktuell im Fokus der EU-Kritik stehen die viel zu unbestimmten Schutzziele in den Schutzgebietsvorschriften und der entsprechend mangelhafte Schutzerfolg. Ohne konkrete Angaben, welche Biotope und Arten sich wie entwickeln sollen, können Defizite schwer abgestellt werden. Zugleich ist es ohne diese Vorgaben kaum seriös möglich zu prüfen, ob ein weiterer Eingriff noch mit dem Schutz des Gebietes vereinbar ist. Trotzdem wird regelmäßig von der Kreisverwaltung attestiert, dass beantragte Eingriffe, Bauwerke, Straßen oder Freizeitnutzungen zu keiner erheblichen Beeinträchtigung führen könnten.

FFH-Konflikte im Kreisgebiet sind bzw. waren z. B. der Einschlag der Borkenkäferfichten, der geplante Kletterwald in Troisdorf oder die Baumaßnahmen auf der Insel Grafenwerth. Mit den FFH-Vorgaben unvereinbar sind z. B. aber auch die bereits vollzogene Wohnbebauung am Bahnhof Kottenforst, die geplante Wohnnutzung der alten Wäscherei (Mesenholl) in Bad Honnef und der erfolgte Ersatzbau des Meindorfer Sportplatzes.

Die Tatsache, dass die EU-Kommission die Bundesrepublik Deutschland insgesamt wegen des unzureichenden FFH-Gebietsschutzes verklagt, zeigt, dass die Anwendung der Richtlinie systematisch unzureichend ausfällt. Das erschwert es auch den deutschen Gerichten, das europäische Recht gegen bewusst fehlerhafte bzw. unzureichende Normanwendungen verschiedenster Verwaltungsebenen durchzusetzen. Gerade mangelnde naturschutzfachliche Bewertungsgrundlagen sind von Gerichten nur schwer zu identifizieren.
Der Kommunalpolitik und lokalen Verwaltungen fällt es ebenfalls schwer, die gravierenden Defizite im Naturschutzvollzug nachzuvollziehen und für eine ordnungsgemäße Rechtsanwendung der EU-Vorschriften entsprechend konsequent mit Sorge zu tragen.

Der BUND würde es umso mehr begrüßen, wenn seine Bemühungen, das Artensterben auf der Basis der FFH-Vorgaben zu stoppen und umzukehren, mehr Unterstützung erfahren würde und z.B. Stellungnahmen und Hinweise im Vorfeld mehr Beachtung fänden. Die zentrale Aufgabe der FFH-Gebiete, die Artenvielfalt zu bewahren, bedarf mehr Verzicht und Rücksichtnahme. Dazu müssen Vorhaben wie forstliche Kahlschläge, Ackernutzungen in den Auen und immer neue Freizeitnutzungen in und an den FFH-Schutzgebieten und Bebauungen selbst unmittelbar an den Schutzgebietsrändern endlich, 29 Jahre nach Bestehen der Richtlinie, unterlassen werden. Sonst gelingt die notwendige Trendwende nicht und wird das Artensterben vor der eigenen Haustüre nicht gestoppt.  

 

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