BUND-Kreisgruppe Rhein-Sieg

BUND fordert ehrliche CO2-Bilanz für jede Kommune

17. November 2021 | Pressemitteilung

17.11.2021: Mit Blick auf die UN Klimakonferenz in Glasgow mit den zum Teil niederschmetternden Ergebnissen ruft der BUND Rhein-Sieg dazu auf, noch genauer das Handeln vor Ort, in den Kommunen, zu thematisieren. Sind wir bereit für einen konsequenten Klimaschutz?

Wohl noch nicht: Denn die Diskussion um lokalen Klimaschutz geht noch weit an den tatsächlichen Problemen vorbei. Wesentliche, sehr hohe CO2 Lasten bleiben bei der Suche nach einer nachhaltigen Lebensweise im politischen Raum nahezu unberücksichtigt. Die Beschäftigung, wie Gebäude besser gedämmt werden, wie Solardächer vorangebracht und wie der ÖPNV gestärkt werden könnten,
reicht bei weitem nicht aus, um sich dem 1,5 Grad Ziel anzunähern. Die Klimafrage ist viel früher und grundsätzlicher zu stellen. Darauf weist der BUND Rhein-Sieg mit Nachdruck hin.

Der Neubau von Häusern wird in der individuellen Bilanz der Kommunen für Klimaschäden nicht erfasst. Bei der Herstellung eines Kubikmeters Stahl beton (Stahl und Beton) werden etwa „320 bis 340 kg CO2 emittiert“.1 Viele Faktoren beeinflussen den konkreten Wert. Es sind auf jeden Fall beachtliche Mengen! Statt eines klimabedingten Baustopps prägen aber zahlreiche Neubaugebiete etliche
Kommunen im Kreisgebiet! Die zu stellenden Fragen wären: Wie viele Neubauten können vermieden werden? Wie viele Gebäudesanierungen werden vorrangig umgesetzt? Mit welchen klimafreundlichen Materialien (z.B. Lehm) wird gebaut und saniert und erfolgt ein Verzicht auf Keller und Tiefgaragen aus Beton, die ihrerseits hohe Energiekosten und damit Klimalasten beim Bau zur Folge haben, selbst jedoch keinen Wohnraum schaffen und darstellen?

Es darf nicht übersehen werden, dass jeder Neubau, sei er im Betrieb noch so energieoptimiert, zu aller erst erhebliche negative Umweltlasten aufbaut. Nur wenn Kommunen diese Klimalast vor Ort ihrerseits erfassen und aktiv kompensieren, bleibt die Klimabilanz neutral. Anderenfalls belastet Neubau das Klima erheblich.

Kahlschlagflächen im Forst sind enorme Kohlenstoffquellen und betreffen uns im Rhein-Sieg-Kreis ebenfalls. Aus dem freigestellten, entwaldeten Boden und der damit exponierten Streuauflage werden je nach Boden und Standort 4 bis 25 t Kohlenstoff pro Hektar freigesetzt.2 Auch dieser Wert weist eine enorme Spreizung auf, die Freisetzung selbst ist aber unstrittig.

Wie werden diese Lasten in der jeweiligen Kommune durch andere Maßnahmen wieder aufgefangen? Verzichtet die Gemeinde auf den Kahlschlag auf eigenen Flächen? Zahlt sie selbst aktiv Entschädigungsgelder an Waldbesitzer*innen, um den Kahlschlag von Borkenkäferfichten auf privaten Flächen zu unterbinden, um damit ihre Kohlenstofflast zu mindern? Wer trägt die CO2 Emmissionslast der Kahlschläge?

Bitumen und Beton sind klimaschädliche Bodenbeläge. Der CO2 Ausstoss für eine Tonne Bitumen liegt bei ca. 277 kg. Wie werden also Neuversiegelungen wirksam verhindert? Gelingt es auf Neubauten für neue Wege und Straßen mehr als bisher geplant zu verzichten und die neuen Anforderungen der Verkehrswende vorrangig auf bestehenden Straßen umzusetzen, durch kleinteilige Baumaßnahmen im Bestand, andere Ampelschaltungen und eine Neuaufteilung von vorhandenen Straßenräumen zugunsten von Fahrrad, ÖPNV und Fußgänger*innen?

Eine 100 jährige Buche speichert in ihrem langen Leben mit einem dann aufgebautem Holzvolumen von 3,4 Tonnen e twa 0,96 t Kohlenstoff bzw. 3,5 t CO2 3 Sie bindet in ihrem Leben die Kohlenstofffreisetzung während der Herstellung von 10 Kubikmetern Stahlbeton oder von ca. 12 t Bitumen oder den bei Kahlschlägen freiwerdenden Bodenkohlenstoff aus 0,87 bis 0,14 ha Kahlschlagfläche. Dafür braucht sie aber 100 Jahre das ist eine sehr lange Zeit angesichts des schnell verlaufenden Klimawandels! Diese Buche kann in dieser Zeit nicht, was bitter nötig wäre, zugleich zusätzlichen Kohlenstoff aus der Luft binden, der durch längst bestehende Öl und Gasheizungen, Flugverkehr oder Kraftfahrzeuge ständig zusätzlich emittiert wird oder früher schon emittiert wurde.

Wir stellen bislang kaum die Frage, wie viel Kohlenstoff kann im Gemeindegebiet aktiv neu gebunden werden, sondern sorgen weiterhin durch Bauten, Kahlschläge und neue Straßen und Wege regelmäßig für weitere Klimalasten. Damit helfen wir dem Klimaschutz nicht.
Wir sind aufgefordert, die Klimalasten abzustellen! Wir sind aufgefordert, uns der Klimarettung auch lokal zuzuwenden: Gibt es ein Stadtbaum und Fassadenbegrünungsprogramm, um die Zahl der Straßenbäume und grünen Fassaden erheblich anzuheben. Gibt es einen Baustopp oder strikte Vorgaben zur Baustoffwahl? Gibt es lokale Konzepte zur Stärkung der Kohlenstoffbindung im landwirtschaftlichen Anbau? Wie viele Wälder werden vor unserer Haustüre aus der Nutzung genommen, um den Kohlenstoffvorrat dort aktiv aufzubauen?

Kurzum: Betrachtet man die Kohlenstoff bilanz in einer Gemeinde, ist sie noch immer mit Abstand negativ und ohne ganz neue lokale politische Ansätze nicht umzukehren. Anmerkung: Die genannten absoluten Zahlen sind abhängig von konkreten Studien und Beispielen. Sie sind hier nur als ungefä hre Richtungsgeberinnen die verstehen, um den Grundkonflikt zu erläutern. Wir brauchen ein neues Bewusstsein des Verzichts und sind aufgefordert, die ständige weitere Kohlenstoffemission kurzfristig drastisch zu reduzieren.

Zur Übersicht

BUND-Bestellkorb