BUND-Kreisgruppe Rhein-Sieg

Klimaschutz konkret: Was heißt das für den Rhein-Sieg-Kreis?

12. Juli 2019

Der BUND Rhein-Sieg-Kreis weist darauf hin, dass aktuell große Verkehrsplanungen und geplante Neubaugebiete weiterhin in falsche Richtungen laufen und durchgreifende, klimaschützende Programme fehlen. Unzählige Projekte stellen Fehlinvestitionen dar und müssen kurzfristig gestoppt werden.


Freiraum in der Stadt wird für die Versickerung von Niederschlagswasser und den Rückhalt von Starkregenereignissen benötigt. Baulücken sind insofern keine Leerräume, sondern Rettungsinseln zur Reduktion der negativen Klimafolgen. Niederschlagswasserversickerung muss einen vorrangigen Stellenwert in der Stadtplanung erhalten, denn Wasser als Basis der nächtlichen Kühlung durch Bäume und freie Verdünstung wird gerade in den Siedlungsflächen knapp. Instrumente der Kommunen, dies zu fördern, sind u.a. die Versickerungssatzung und der Bebauungsplan. Zugleich nehmen Starkregenereignisse zu, für deren Bewältigung Flächen benötigt werden.
Privat haben viele Menschen die Chance, Niederschlagswasser als Brauchwasser zu nutzen oder es im Garten versickern zu lassen. Diese Möglichkeiten bleiben leider weitestgehend ungenutzt.


Neubaugebiete verbrauchen nicht nur wertvolle Fläche, sondern der Bau von neuen Gebäuden kostet auch extrem viel Energie. Die Sanierung von Altbauten ist dagegen weitaus energiesparender und stärkt zugleich die Innenstädte mit der dort vorhandenen Infrastruktur. Neubauprojekte sollten daher konsequent in Frage gestellt werden und neue Baugebiete möglich ganz vermieden werden. Probleme auf dem Wohnungsmarkt sollten über politische Instrumente im Bestand gelöst und kurzfristige Bedarfsspitzen angesichts grundsätzlich eher sinkender Bevölkerungszahlen durch Umlandkooperationen und temporäre Behelfsbauten aufgefangen werden. Politik muss auch aufhören, immer neue Firmen und Institutionen anzuwerben und damit den Wohnungsbedarf im Kreisgebiet und Bonn bewusst zu erhöhen – während anderenorts Infrastruktur verfällt und Häuser leer stehen.
Gewohnte Standards bei der Wohnungsgröße müssen wir alle gemeinsam in Frage stellen. Z.B. in neuen Wohnformen zusammenzurücken und das Maß des eigenen Flächenbedarfs zu hinterfragen, hilft bereits erheblich, Neubauten zu vermeiden.


Der Kreis sollte dringend ein kreisweites Konzept für die Steuerung von Windkraftanlagen aufstellen und informell zwischen den Kommunen abstimmen. Der Regionalplan ist dann im Anschluss daran die Planungsebene, die Entwicklung der Windkraft abgewogen und geordnet im Kreisgebiet verbindlich zu lenken und in abgestimmten Vorrangzonen zu konzentrieren. Die Standortwahl darf nicht den Einzelinvestoren der Windkraftanlagen überlassen werden.


Für Photovoltaik und direkte Wassererwärmung durch die Sonne müssen endlich nahezu alle Dachflächen in kurzer Zeit erschlossen werden. Dafür bedarf es kommunaler Förderprogramme oder neuer Investitionsinitiativen Dritter. Angebote, die hierzu teilweise schon bestehen, z. B. das Verpachten der Dächer an Investoren, sollten offensiv dargestellt und bekannt gemacht werden.


Für den Flughafen Köln/Bonn bedarf es einer Reduktionsstrategie. Wachstum darf für den Flughafen keine Option mehr sein. Vielmehr ist ein geordneter Reduktionsprozess erforderlich und einzuleiten. Flugfracht darf am Flughafen keine Zukunft mehr haben. Private Urlaubsflüge werden wegen der negativen Klimabilanz immer bedenklicher.


ÖPNV und Radverkehr, beide für den Klimaschutz besonders wirksam und gut kombinierbar, müssen massiv gestärkt werden. Im Gegenzug müssen extrem teure und nicht umsetzbare Planungen wie eine neue Autobahn-Rheinbrücke gestoppt werden.
Mehr Radverkehr muss dabei auf Kosten der Straßenkapazitäten zu Lasten des Autoverkehrs ausgebaut werden, um dadurch immer neue Bauvorhaben, nun fürs Fahrrad, soweit als möglich zu vermeiden. Die Finanzressourcen müssen sich endlich auf den ÖPNV und das Fahrrad fokussieren.
Die Stärkung des Car-Sharing und möglichst kostengünstige ÖPNV-Tickets sind weitere wichtige Stellglieder beim Umbau des Verkehrsmixes hin zum klimagerechteren Verkehr.
Eine Stärkung der Mischgebiete und damit eine Stadt der kurzen Wege hilft ebenfalls erheblich, Verkehr zu vermeiden.


Baumschutz in der Stadt hat nach wie vor einen viel zu geringen Stellwert. Bäume machen menschenfreundliches Klima. Wer in Zukunft in Ballungsräumen nachts ohne energieintensive Klimaanlagen noch schlafen will, setzt sich für umfangreiche Neupflanzungen heimischer Baumarten in großen Pflanzflächen ein und stärkt den Baumschutz über wirksame Baumschutzsatzungen.
Auch Hauseigentümer*innen können privat im Garten große heimische Laubbäume (z. B. Winterlinde und Spitzahorn) pflanzen, anstatt sich über Schattenwurf und Laubfall zu beklagen.


Generell bedarf es eines Umdenkens: Golfplätze mit einem mitunter hohen Grundwasserverbrauch, öffentliche Feuerwerke trotz Waldbrandgefahr, Grund- und Flusswasserentnahmen für nicht standortangepasste Landwirtschaft, Flugreisen, Kreuzfahrten, große, viel Platz und Energie benötigende Autos, der Konsum von exotischen Früchten mit Bewässerungswirtschaft oder ein hoher Fleischverbrauch – im Alltag stehen viele Aspekte zur Überprüfung an, um dem Klimawandel begegnen zu können.


Politisch werden Weichen aktuell jedoch völlig unzeitgemäß und falsch gestellt. Der am 12. Juli vom Landtag NRW verabschiedete neue Landesentwicklungsplan verweigert sich einer neuen Klimaschutzpolitik, und auch die Diskussion der Verbandsversammlung des VRS, die Fahrpreise für den ÖPNV anzuheben, ist fehl am Platz.

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