BUND-Kreisgruppe Rhein-Sieg

Rheinischer Weizen gegen den Welthunger?

01. September 2022

Rheinischer Weizen gegen den Welthunger?

Im nächsten Jahr könnte deutschlandweit auf 100 000 bis 180 000 Hektar ursprünglich für den Artenschutz vorgesehenen Flächen zusätzlich Weizen angebaut werden. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, Grüne, geht unter dem Druck konservativer Agrarverbände einen folgenschweren Kompromiss ein: Vorgeblich um Einschränkungen in der weltweiten Weizenversorgung durch den Ukrainekrieg abzufedern, sollen deutsche Bauern kurzfristig den Weizenanbau ausweiten dürfen: Die Verpflichtung, im nächsten Jahr 4% der Ackerfläche für den Artenschutz stillzulegen, soll 2023 ausgesetzt werden. Auch Vorgaben zur Fruchtfolge, wonach zur Schonung der Böden Weizen nicht auf Weizen angebaut werden darf, würden pausieren (Pressemitteilung des BMELF dazu: https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/110-kompromiss-gloez.html). Die Bundesländer müssen noch zustimmen.

Deutscher Bauern- und Rheinischer Landwirtschaftsverband, starke Interessenvertretungen der "Weiter-So-Fraktion", bekunden erwartungsgemäss Freude. Schon jetzt beklagen sie, nur ein Jahr Ausnahme von der Flächenstilllegungspflicht sei viel zu wenig im Kampf gegen den Welthunger (https://www.bauernverband.de/fileadmin/user_upload/dbv/pressemitteilungen/2022/KW_21_bis_KW_40/KW_32/2022_-_108_PM_Flaechenstilllegung.pdf; https://www.rlv.de/schritt-in-die-richtige-richtung/ ).

Auch im Rhein-Sieg-Kreis: Produktion vor Artenschutz

Schon kurz nach Ausbruch des Ukrainekrieges war von Ackerbauern im Rhein-Sieg-Kreis zu hören, in dieser "besonderen Situation müssen landwirtschaftliche Flächen zuallerst der Erzeugung von Nahrungmitteln dienen". In Wachtberg wird es daher keine weiteren Blühstreifen geben. "Die Biodiversität muß hier erstmal ins zweite Glied zurücktreten". (Bericht BLICK aktuell Nr. 14/2022).

Ursachen des Welthungers vielfältig

Eine geschickte Strategie, impliziert sie doch: Wer Weizenanbau auf Artenschutzflächen ablehnt, nimmt Hungertod in Afrika in Kauf und stellt Artenschutz über Menschenleben! Erwartungsgemäss schablonenhaft und kurzsichtig wird gefolgert: Mangel erfordert Produktionsausweitung - und sei es auf Kosten unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Es wird ignoriert, dass Menschen seit Jahrzehnten weltweit Hunger leiden, was zahlreiche Ursachen hat, z.B.:

Mehr Weizen - mehr Geld

Mehr produzierter Weizen bedeutet vor allem mehr verkaufter Weizen - ob er tatsächlich Hungernde in Afrika sättigt ist nicht garantiert. Garantiert ist absehbar weiterer Verlust an Biodiversität und weiteres Auslaugen von Ackerboden - bis die Ökosysteme irgendwann kollabieren.

Der Kampf gegen den Hunger auf der Welt ist kompliziert und vielschichtig. Er kann nicht durch Noch-Mehr-Produktion zulasten von Umwelt- und Artenschutz gewonnen werden.

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