BUND-Kreisgruppe Rhein-Sieg

Vom Ende der Glühwürmchen- geplante Beleuchtungen sind mit Schutzgeboten unvereinbar

24. Januar 2022 | Pressemitteilung

24.01.2022: Obwohl das Insektensterben dramatische Ausmaße angenommen hat und die Wissenschaft u.a. das künstliche Licht als einen starken verantwortlichen Wirkfaktor identifiziert hat, nimmt die Lichtbelastung weltweit jährlich um 2% zu.  Im Rhein-Sieg-Kreis ruft die Politik ebenfalls mehrheitlich nicht nach Dunkelkonzepten, um das Artensterben zu stoppen, sondern verlangt immer neue oder verlängerte Beleuchtungsstrecken, selbst entlang der wertvollsten Naturschutzgebiete, den europäischen Fauna-Flora-Habitat-Gebieten, oder entlang der Gewässer, deren Ökosystem auf Licht besonders sensibel reagiert.  
 
Während in der wissenschaftlichen Literatur Mindestabstände von Lampen zu Vegetationsflächen von 25 Metern und zu Gewässern von 40 Metern und wenigstens ein Netto-Null-Ausgleich eingefordert werden, glaubt man im Rhein-Sieg-Kreis, durch vermeintlich „insektenfreundliche“ Lampenwahl und reduzierte Beleuchtungszeiten der Lage Herr werden zu können. Gerade für die Schutzgebiete, die die letzten Schonräume der Natur in einer vom Menschen vollständig genutzten Umgebung darstellen, ist jedoch jede Lichtlast verheerend. Denn selbst die Insekten- und Fledermausarten haben bestimmte Flugzeiten und so betrifft selbst eine Beleuchtung, die schon um 21.00 Uhr abgeschaltete wird, immer noch manche Insektengruppen und Fledermausarten mit voller Härte. Ein Lampenlichtspektrum, das keine Tiergruppe belastet, gibt es nicht. Und Fische und Wasserinsekten reagieren sogar unabhängig vom Spektrum extrem stark.  

Licht verändert Räuber-Beute-Gefüge, den Bio- und Schlafrhythmus und die Orientierung der Tiere. Selbst schwaches Licht kann extreme Lockwirkungen entfalten, etwa bei den Glühwürmchen. Die extreme Lockwirkung des Lichts, man spricht von „Staubsaugereffekt“, wirkt in die Schutzgebiete über viele hunderte Meter weit hinein und schon eine einfache Straßenbeleuchtung kann damit zur Barriere für die Ausbreitung werden, weil die Lichtmauer der Lampenreihe nicht überwunden wird. Licht entlang der Straßen kann die Kollisionsgefahr z.B. mit Zwergfledermäusen erhöhen und manche Amphibien im Lichtkegel gefangen halten.
 
Aktuell werden, von der Naturschutzbehörde des Kreises gedeckt, im Rhein-Sieg-Kreis zahlreiche Beleuchtungsvorhaben geplant oder umgesetzt, etliche direkt entlang von Naturschutz- und FFH-Gebieten. In Swisttal soll ein Radweg durch den „Wehrbusch“ beleuchtet werden, betroffen sind u.a. die extrem seltene Bechsteinfledermaus, das FFH-Gebiet Waldville und ein Wildnisgebiet, das gerade zur Entwicklung auch seltener Großinsekten abgegrenzt worden ist. Am „Schwarzen Weg“ in Windeck-Schladern durchtrennt die Beleuchtung einen Abschnitt des FFH-Gebietes der Sieg und belastet die Insektenfauna eines der seltensten FFH-Lebensraumtypen in NRW, des Erlen-Eschen-Weichholz-Auenwaldes (91E0*). Er ist sogar rechtlich prioritär geschützt. Dem nicht genug, wird an der Siegpromenade in Windeck-Dattenfeld bei der Umplanung wieder eine Beleuchtung des Uferweges vorgesehen, anstatt auf diese mit Rücksicht auf den Naturschutz zu
verzichten. Genauso steht ein Verzicht auf eine Uferbeleuchtung am Rheinufer der Insel Grafenwerth aus. Obwohl sie direkt an die Fischschutzzone des Rheins, auch ein FFH-Gebiet der EU, angrenzt, wird hier politisch das bloße Erholungsinteresse stärker gewichtet als der Naturschutz. Es ist absehbar, dass im Zuge der Radwegeplanungen für Pendlerrouten und Schnellwege abermals neue Beleuchtungsstrecken, oft wieder entlang von Gewässern und Schutzgebieten, vorbereitete werden, obwohl die modernen Fahrräder inzwischen selbst über eigene starke Lichtquellen verfügen und zur reinen Wegemarkierung womöglich Reflektorleitpfosten wie an Landstraßen für Autos, die deutlich schneller fahren, ausreichen könnten. Auch bodennahes Licht ohne Masten und mitlaufendes Licht könnten zur Minderung beitragen. In keiner der Planungen ist ein Monitoring, um die Auswirkungen der Beleuchtung zu erfassen und um nachsteuern zu können, vorhanden, ein Ausgleich durch die Zurücknahme von Lichtbelastungen der Schutzgebiete an anderer Stelle unterblieb ebenfalls überall.
 
Der BUND Rhein-Sieg-Kreis ruft mit Nachdruck dazu auf, die immer neue Beeinträchtigung selbst noch der Schutzgebiete auch kommunalpolitisch endlich aufzugreifen und abzustellen. Der Schutz der Biologischen Vielfalt ist gesellschaftliche Pflichtaufgabe. Das Artensterben wird nur gestoppt, wenn es in den täglichen Einzelentscheidungen beachtet und zum Maßstab der Planungen wird. Zugleich ist der Rhein-Sieg-Kreis als Naturschutzbehörde aufgerufen, für die FFH-Gebiete und geschützten Gewässer Dunkelkonzepte zu entwickeln, damit sich die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes im Sinne des gesetzlichen Auftrages wieder regenerieren kann. Die gesetzlichen Schutzvorgaben der 1992 beschlossenen FFH-Richtlinie der EU müssen endlich auch vollzogen werden.

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