BUND-Kreisgruppe Rhein-Sieg

Klima: Kosmetik statt Maßnahmen

07. Oktober 2019 | Klimawandel

Der Klimanotstand im Rhein-Sieg-Kreis fällt aus – weiter geht es mit Klimakosmetik

Am 8.10.2019 befindet der Kreistag nicht mehr über die Bürger*innenanregung zum Klimanotstand. Die hatte es nur bis zum Umweltausschuss gebracht und wurde dort schon als "erledigt" abgetan. Am morgigen Dienstag soll im Kreistag nur noch das kreiseigene  Maßnahmenprogramm 2025 für den Klimaschutz verabschiedet werden. Der BUND Rhein-Sieg und attac Rhein-Sieg stellen darin jedoch wesentliche Defizite fest. "Insbesondere fehlt eine Umstellung der nach wie vor sektoralen Arbeitsweise hin zu einer Gesamtstrategie für einen tatsächlichen Umbau der Rohstoffe vergeudenden Wachstumsgesellschaft hin zu einer Nachhaltigkeits-Gesellschaft. Nur so kann dem Klimawandel begegnet werden", sagt Achim Baumgartner vom BUND Rhein-Sieg. "Nachdem wir 30 Jahre mit Klimakosmetik, also einem etwas gedrosselten 'weiter so' vertan(!) haben, gibt es keine Zeitreserven mehr, sondern dringenden Nachholbedarf, um unseren Kindern und nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Erde zu übergeben." ergänzt Arno Behlau von attac Rhein-Sieg.  "Dies den Menschen in der Region klarzumachen, erfordert notwendigerweise, die Ausrufung des 'Klimanotstands'. Wirklich neue Perspektiven können nur entwickelt werden, wenn endlich der Wachstumsansatz in Frage gestellt wird."

Wesentliche Teile der Bürger*innenanregung wurden nicht aufgegriffen. Als Beispiele seien hier genannt:

  • Der Umgang mit dem Klimanotstand wird nicht fester Tagesordnungspunkt bei allen Ausschuss-, Kreistags- und Ratssitzungen.
  • Das Maßnahmenprogramm 2025 formuliert keine Zielvorgabe, bis wann der Kreis klimaneutral sein will.
  • Der Kreis wird die Öffentlichkeit nicht jährlich über die erreichten Fortschritte informieren, geschweige denn Bürgerinnen und Bürger in die weitere Planung einbeziehen.

Der Kreis ist in zahlreichen Aufgabenfeldern Planungs- , Genehmigungs- und oft auch
staatliche Vollzugsbehörde. Er ist aufgerufen, auch diese Rollen zu nutzen, um auf dem Weg
zu einer klimaneutralen Gesellschaft direkt Punkte anzugehen, die alle im Maßnahmen-
programm 2025 fehlen:

  • Es fehlt eine Planungsinitiative zur Steuerung der Windkraftnutzung im Kreisgebiet. Es bedarf einer Abstimmung zwischen den Kommunen zur Darstellung von Konzentrationszonen mit Ausschlusswirkung im Regionalplan. Das Amt für Strategische Kreisentwicklung ist hier gefragt.
  • Überholte Projekte müssen gestoppt werden. Die politische Neuorientierung zur Abkehr von Auto-Großprojekten wie der geplanten Autobahnbrücke über den Rhein (A 553) oder der Ortsumgehung Hennef-Uckerath steht aus.
  • Es ist notwendig, die Zukunft des Flughafens Köln/Bonn neu zu planen. Die Expansionswünsche müssen vom Kreis in Frage gestellt werden. Gesucht wird ein Konzept zur Reduktion und nicht der Expansion des Flugbetriebs. Der Rhein-Sieg-Kreis ist einer der Anteilseigner am Flughafen.
  • Betonbau verbraucht extrem viele Klimaressourcen und endliche Materialien wie Sand und Kies. Neubaugebiete sind daher noch deutlicher in Frage zu stellen und alternative Lösungsmodelle zur Altbausanierung und zur Erschließung von Leerständen in den ländlichen Gemeinden zu fördern. Dazu bedarf es auch neuer Initiativen zur regionalen Stärkung des ländlichen Raumes in der Land- und Forstwirtschaft und entsprechend nachfolgender Betriebe (Sägewerke, Mühlen, Molkereien, Verarbeitung etc. ).
  • Der Kreis benötigt ein Niederschlagswasserkonzept zur Versickerung von unbelastetem Niederschlagswasser. Niederschlagswasser muss mehr denn je wieder dem Grundwasser zugeführt werden.
  • Das Kahlschlagverbot in den Schutzgebieten sollte nicht zuletzt zur Abwehr massiver lokaler Klimafolgeschäden durchgesetzt werden.
  • Eine Stärkung des Baumschutzes ist dringend notwendig. Der Kreis kann dies z.B. durch Ausweisung neuer Bäume als Naturdenkmal unterstützen oder für wirksame Baumschutzsatzungen werben.  
  • Es steht an, die Trinkwasserentnahme von bis zu 19,3 Mio. Kubikmetern durch den Wahnbachtalsperrenverband aus dem Sieguferfiltrat zum Schutz des FFH-Gebietes in Frage zu stellen. Eine Neubewilligung nach 2020 sollte es nicht geben. Der Fluss benötigt sein Wasser selbst.

Hintergrund
Der BUND Rhein-Sieg und attac Rhein-Sieg hatten am 13.6.2019 gemeinsam mit der Bürgerinitiative  Naturfreunde Troisdorf und dem NABU Rhein-Sieg in einer Bürger*innenanregung an den Kreistag und alle im Kreis befindlichen Kommunen darauf hingewiesen, dass durch die Ausrufung des Klimanotstandes den Menschen in der Region die zunehmende Verschärfung des Klimawandels bewusst gemacht und endlich einschneidende Maßnahmen ergriffen werden müssten. Fast alle Kommunen im Kreis haben dies jedoch abgelehnt. Sie verweisen jeweils auf ihre bisherigen und geplanten Aktivitäten, die sie für ausreichend erachten, die aber dem hohen Nachholbedarf in einer Notstandslage nicht im Geringsten gerecht werden.

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